Was unterscheidet Motto-Ziele von anderen Zielen?

Motto-Ziele sind ein relativ neuer Zieltyp, der sich grundlegend von klassischen Zielen (S.M.A.R.T.-Ziele) unterscheidet. Während S.M.A.R.T.-Ziele die Ergebnis- und Verhaltensebene ansprechen und genau festlegen, was, wo, wann und womit zu erledigen ist, gleichen Motto-Ziele individualisierten Metaphern, die eine innere Haltung ausdrücken.

Es ist gerade die bildhafte und unbestimmte Formulierung der Motto-Ziele, die den Zugang zu unbewussten individuellen Erfahrungen aktiviert und situativ angepasstes Verhalten ermöglicht. Motto-Ziele eröffnen ein Meer an Möglichkeiten und schaffen somit Flexibilität.

Motto-Ziele wurden im Rahmen des Zürcher Ressourcen Modells entwickelt. Sie basieren auf Projektionen und verknüpften Gedächtnisinhalten (Assoziationen), die durch ressourcenaktivierende Bilder angeregt werden.

Motto-Ziele auf den Punkt gebracht

Stimmige Motto-Ziele …

  • Wirken auf der Haltungsebene und beteiligen das Unbewusste und den Verstand gleichermaßen an der Handlungssteuerung.
  • Synchronisieren unbewusste Bedürfnisse und bewusste Motive.
  • Überwinden innere Hemmschwellen und verbessern die eigene Gefühlssteuerung (Selbstregulation).
  • Aktivieren innere Ressourcen.
  • Befeuern die intrinsische Motivation und Handlungskraft.
  • Ermöglichen Flexibilität und bilden den Nährboden für zielrealisierende Handlungen.
  • Fördern Selbstbestimmung und Selbstwirksamkeit.

Beispiele für Motto-Ziele

Die folgenden Formulierungen verdeutlichen den hochgradig individuellen Charakter von Motto-Zielen. Es sind reale Beispiele aus der Literatur rund um das Zürcher Ressourcen Modell und zum Teil auch aus meiner eigenen Coaching-Praxis.

„Bärenkraft bringt mich beharrlich ans Ziel.“

„Ich ruhe im tiefen Blau.“

„Ich räume meine Seele auf.“

„Die Auszeit vom Alltag ist der Leuchtturm meiner Zuversicht.“

„Ich halte den Schlüssel für ein gesundes, mit Lebensfreude erfülltes Leben in meiner Hand.“

„Ruhig und gelassen gehe ich neue Wege und habe aufmerksam ein Auge auf meine Umgebung.“

„Ich öffne mich für neue lichtdurchflutete Räume.“

„Instinktiv achte ich auf meine Bedürfnisse und vertraue auf meine Wolfsnase.“

„Ich genieße mit Leichtigkeit“.

„Mit Sicherheit und Gelassenheit gehe ich genussvoll meinen Weg Schritt für Schritt.“

„Ich entdecke den jungen Tag.“

„Ich atme Glück.“

Ziele und das Unbewusste

Problem-Erleben als Ausgangspunkt für Ziele

Die Zielarbeit nimmt häufig zu Beginn eines Coaching-Prozesses gebührenden Raum ein, um aus dem Anliegen des Coachees (weiblicher oder männlicher Coaching-Kunde) eine für die weitere Coaching-Arbeit handhabbare Zielformulierung zu entwickeln. In der Regel berichten Coachees zunächst von den belastenden Auswirkungen in ihrem Alltag, also von ihrem inneren „Problem-Erleben“.

Das klingt zum Beispiel so:

„Leide unter permanenter Anspannung und innerer Unruhe, kann mich an den Wochenenden und auch im Urlaub nicht mehr erholen, dazu diese andauernden Kopfschmerzen, Herzstiche und Verspannungen.“

„Fühle mich ausgebrannt, funktioniere nur noch und laufe ständig im Hamsterrad, möchte raus, kann aber keine klare Entscheidung treffen“.

„Die ewigen Konflikte mit den Kollegen nerven nur noch und machen die Arbeit unerträglich, auch privat reagiere ich häufig gereizt.“

Aus der Beschreibung der belastenden Auswirkung im Alltag „Ich leide unter starkem Stress“ könnte z. B. ein inneres Ziel wie „Ich möchte ausgeglichener und gelassener sein“ abgeleitet werden. Hier wird eine Veränderung angestrebt, die innerhalb der Person selbst liegt.

Das Ziel ähnelt in gewisser Weise den guten Vorsätzen, wie sie häufig an Silvester gefasst werden (siehe auch Grafik „Die guten Vorsätze für 2019“): „Mehr bewegen oder Sport treiben“, „Gesünder ernähren“, „Abnehmen“, „Stress abbauen“, „Weniger Zeit mit sozialen Medien verbringen“, „Mehr Zeit für die Familie und Freunde nehmen“.

Grafik Die guten Vorsätze 2019

Gemeinsam ist diesen Vorsätzen, dass sie sich auf die Verhaltensebene beziehen. Im Vergleich mit klassischen Verhaltenszielen (S.M.A.R.T.-Ziele) sind die guten Vorsätze nur allgemein formuliert. Das verbindet sie wiederum mit den oben genannten Motto-Zielen, die eine innere Haltung ausdrücken, aus der situativ angemessenes Verhalten hervorgebracht wird.

Welche Art der Zielsetzung ist denn nun richtig oder je nach Anlass hilfreich?

Äußere Ziele

Äußere Ziele entsprechen der klassischen Sichtweise der S.M.A.R.T.-Ziele und zeichnen sich durch eine konkrete Zielformulierung, einen festgelegten Termin für die Erreichung möglicher Teilziele und des Gesamtziels und einen klaren Nachweis der Zielerreichung aus. [S.M.A.R.T. steht für Spezifisch, Messbar, Attraktiv, Realistisch, Terminiert]

Bei logisch zu planenden Zielen, wie z. B. einer Urlaubsreise, einem Hausbau oder der Erstellung einer Website, funktioniert das in der Regel auch sehr gut. Die Vorgehensweise und die eingesetzten Mittel zur Erreichung eines konkret definierten Ergebnisses sind weitgehend genau zu bestimmen. Planabweichungen können erkannt und korrigiert werden, da es objektive Messkriterien gibt. Der menschliche Verstand ist hier voll in seinem Element.

Konkret ja, aber was ist mit der Motivation?

Was ist aber mit Zielen, die nicht konkret terminierbar und rein personengebunden sind, also die individuelle Motivation einer Person ansprechen? Nehmen wir die vorher genannten guten Vorsätze als Beispiel.

Mehr bewegen oder Sport treiben ist für den planenden Verstand zu unspezifisch. Machen wir daraus ein smartes Verhaltensziel:

„Ich jogge dreimal in der Woche, Montag-, Mittwoch- und Freitagabend um 18:30 Uhr jeweils 5 Kilometer“.

Dann ist doch alles klar und der Erfüllung des Verhaltensziels steht nichts mehr im Wege, oder?

Gesünder ernähren und abnehmen:

„Ich ernähre mich nach der Methode des 16:8 Intervallfastens, esse zwischen 11 Uhr und 19 Uhr und achte auf eine frische und ausgewogene Kost, die mich mit allen Nähr- und Mineralstoffen sowie Vitaminen versorgt, wobei ich in der Essenspause auf jegliche Snacks verzichte, meinen Fettstoffwechsel aktiv halte und die Voraussetzung für eine moderate und nachhaltige Gewichtsabnahme schaffe“.

Beide Beispiele mögen nach erster Einschätzung eindeutig und machbar klingen.

Warum fällt es dann vielen Menschen so schwer, auf den Punkt genau motiviert ihre Laufschuhe zu schnüren oder von jetzt auf gleich eine Veränderung ihrer Ernährungsweise vorzunehmen und durchzuhalten?

Stattdessen wiederholen sich die guten Vorsätze zum Jahresbeginn, denn es könnte ja dieses Mal klappen.

Was sind deine persönlichen Erfahrungen?

Ein Mensch ist eben keine triviale Maschine, wo du nur ein konkretes Ziel einzugeben brauchst und dann nach einigen wohldefinierten Verarbeitungsschritten ein gewünschtes Ergebnis herauskommt. Irgendetwas ist im Inneren verborgen, was dazwischenfunkt. Damit befassen wir uns in den folgenden Abschnitten.

Innere Ziele

Mit den eben genannten Verhaltenszielen „Mehr Sport treiben – fitter werden“ und „Gesünder ernähren – abnehmen“ hatte ich während meiner Zeit als Fitnesscoach täglich zu tun. Das Thema Stress gab es damals auch schon, es hat sich durch verschiedene Einflussfaktoren jedoch noch weiter verschärft.

Stress ist ein Kernfaktor im Problem-Erleben meiner Coachees. Im Ressourcen-Coaching geht es darum, für Entlastung zu sorgen und eine geeignete Bewältigungsstrategie mit dem Coachee zu erarbeiten, die im Alltag zuverlässig und situativ angemessen umgesetzt werden kann.

Der berühmte Hypnotherapeut Milton H. Erickson bezeichnete das Problem-Erleben als mangelnden Rapport mit sich selbst. Das Ziel ist, eine einfühlsame und ressourcevolle Beziehung zu sich selbst aufzubauen, die sowohl die eigenen Bedürfnisse und Werte als auch die des sozialen Umfelds berücksichtigt.

Individuell fühlbar

Der Bezugspunkt liegt im Inneren einer Person. Innere Ziele wie Ruhe und Gelassenheit erlangen bei starkem Stressempfinden oder in ungewissen Zeiten widerstandsfähig und flexibel in den Handlungen zu bleiben, lassen sich nicht konkret terminieren und in der Vorgehensweise festlegen. Innere Ziele definieren mehr einen Weg persönlicher Entwicklung. Die Fortschritte auf diesem Weg sind nicht objektiv messbar, nur individuell fühlbar.

Eigene Ressourcen zu stärken und aktivieren zu können, hat viel mit der Fähigkeit zur Selbstbeeinflussung innerer Prozesse zu tun. Damit ist die selbstbestimmte Gefühlssteuerung gemeint, die sich im Gegensatz zur Selbstkontrolle durch einen aktiven Umgang mit den eigenen Gefühlen, Bedürfnissen und Werten auszeichnet.

Hier ist jetzt spätestens der Zeitpunkt erreicht, die beiden menschlichen Bewertungssysteme miteinander in Kontakt zu bringen, denn sie sind maßgeblich daran beteiligt, ob ein Ziel erreicht wird oder eben auch nicht.

Das logische und das emotionale Bewertungssystem

Wir Menschen verfügen über zwei parallel arbeitende Bewertungssysteme, die an der Handlungssteuerung beteiligt sind. Die Verarbeitungsprozesse erfolgen in unterschiedlichen Hirnstrukturen, wobei eines der Systeme an Bewusstsein gekoppelt ist und das andere System unterhalb der Bewusstseinsschwelle agiert. Das bewusste System wird allgemein als Verstand bezeichnet. Das unbewusste System bezeichnet der Hirnforscher Gerhard Roth als das unbewusste, limbische Erfahrungsgedächtnis oder kurz emotionales Erfahrungsgedächtnis.

Vor nicht allzu langer Zeit wurden Emotionen eher als hinderlich bei „rationalen“ Entscheidungen angesehen, so dass deren Einfluss gerade im Geschäftsleben möglichst minimiert werden sollte. Rationalität und Sachlichkeit statt Bauchgefühl lautete die Maxime. Die Gefühle bitte an der Garderobe abgeben. Diese Ansicht hat sich zumindest in der Wissenschaft gewandelt.

Das emotionale Erfahrungsgedächtnis

Die „neurobiologische Wende“ veränderte das Bild von Emotionen und dem Unbewussten. Heute ist bekannt, dass rationales Handeln immer auf emotionale Zentren im Gehirn zurückgreift. Jeder bewussten Entscheidung gehen emotionale Einschätzungs- und Entscheidungsprozesse voraus. Gerhard Roth betont sogar mit einem Rückgriff auf Sigmund Freuds Vorstellungen von der Wirkungsweise des Unbewussten, dass unser emotionales Erfahrungsgedächtnis unser Handeln stärker als unser bewusstes Ich lenkt. Es äußert sich z. B. als Zu- und Abneigungen, Stimmungen und Antriebe, die als relativ diffus empfunden werden.

Emotionen wirken immer, bei jedem Verhalten. Das ist die Grundlage unseres alltäglichen Handelns.

Unser unbewusstes, emotionales Erfahrungsgedächtnis speichert alle bedeutsamen positiven und negativen Folgen unseres Handelns. Dabei bewertet es ständig alle Geschehnisse und Aktivitäten des Körpers durch den blitzschnellen emotionalen Vergleich der gegenwärtigen Situation mit früheren Erfahrungen unter ähnlichen Umständen. All das erfolgt automatisch. Auf diese Systemebene hat das Bewusstsein nur sehr beschränkte Einflussmöglichkeiten.

Bewusster Verstand

Bevor der Eindruck entsteht, der Verstand habe nun nichts mehr zu sagen, sei erwähnt, dass auch der Verstand eine wichtige Rolle bei der Entscheidungsfindung und Handlungssteuerung einnimmt. In der kortikalen Ebene, den Hirnstrukturen des bewussten Ich, erfolgt ein großer Teil der Integration unterschiedlichster Informationen aus Sinneswahrnehmungen, Körperempfindungen, zeitlichen und räumlichen Zusammenhängen sowie persönlichen Erinnerungen. Diese Vorgänge sind entscheidend für unsere Fähigkeit zur bewussten Selbstreflexion. Wir sind dadurch in der Lage, bewusst Einfluss auf unsere emotionale Ansprechbarkeit zu nehmen. Wir können uns beruhigen, Stimmungen oder spontane emotionale Reaktionen relativieren und Gedanken oder Vorstellungen bewusst steuern.

Während das emotionale Erfahrungsgedächtnis große Mengen an Informationen fast gleichzeitig und sehr schnell verarbeiten und den Organismus zu einer Handlung veranlassen kann, ist der Verstand vor allem wichtig, wenn dem Gehirn für ein Problem noch keine Verhaltensvorgaben aus dem emotionalen Erfahrungsgedächtnis vorliegen. Wir können dann zusätzlich zu Teilen vergangener Erfahrungen darüber nachdenken, welche Ereignisse und Verhaltensweisen möglicherweise eintreten.

Die Stärken unseres Verstandes kommen zum Tragen, wenn es um langfristige Planungen geht, in denen viele verschiedene Gesichtspunkte und Erfahrungen miteinander kombiniert werden müssen. Allerdings benötigen auch diese bewussten Verstandesprozesse die Unterstützung „körperlich-emotionaler Signale“ aus dem emotionalen Erfahrungsgedächtnis als Bezugssystem, um nach einem Prozess des Abwägens zu einem Entschluss zu kommen.

Die Verarbeitungsprozesse des Verstandes sind im Gegensatz zum emotionalen Erfahrungsgedächtnis detailreich, erfolgen jedoch vergleichsweise langsam. Der Verstand braucht seine Zeit.

Vergleich der zwei Systeme

Emotionales Erfahrungsgedächtnis

  • Das unbewusste Bewertungssystem.
  • Inhalte: wahrnehmungsbezogenes Wissen.
  • Bewertungskriterium: plus / minus oder gut für mich / schlecht für mich.
  • Kompetenz für Lebenserfahrung und dem Auffinden von Ähnlichkeiten.
  • Bewertet ständig alle Geschehnisse und Aktivitäten des Körpers nach positiven und negativen Konsequenzen und speichert diese.
  • Verarbeitet große Mengen an Informationen fast gleichzeitig und sehr schnell und kann den Organismus zu einer Handlung veranlassen.
  • Das sind Verallgemeinerungen, die in neuen Situationen hinderlich sein können, wenn vorschnell eine Gleichsetzung erfolgt.
  • Das emotionale Erfahrungsgedächtnis arbeitet sehr schnell und äußert sich in relativ diffusen Körperempfindungen (somatische Marker), die für eine schnelle Orientierung sorgen.

Bewusster Verstand

  • Das bewusste Bewertungssystem.
  • Inhalte: bedeutungsbezogenes Wissen (Konzepte).
  • Bewertungskriterium: logisch / unlogisch bzw. richtig / falsch.
  • Kompetenz für den angemessenen Umgang mit Neuem.
  • Die Beurteilung neuer Situationen braucht Zeit.
  • Integration unterschiedlichster Informationen als Voraussetzung für unsere Fähigkeit zur bewussten Selbstreflexion.
  • Experte für langfristige Planungen, in denen viele verschiedene Gesichtspunkte und Erfahrungen miteinander kombiniert werden.
  • Der Verstand arbeitet mit Sprache und Logik, präzise und detailreich, allerdings im Vergleich zum Gefühl langsam.

Commander Spock, Captain Kirk und die Konsequenzen

Bildlich gesprochen haben wir alle sowas wie einen Commander Spock und einen Captain Kirk in uns, mit denen wir versuchen, kluge Entscheidungen zu treffen und zielrealisierende Handlungen auszuführen. Der eine steht für pure Logik, Ratio und Sachlichkeit als Sinnbild für unseren Verstand. Der andere besticht durch seinen spontanen und emotionalen Handlungsdrang, so wie unser emotionales Erfahrungsgedächtnis mit Verhaltensvorgaben schnell zur Hand ist.

Beide Systeme haben wie beschrieben ihre Vorzüge. Sie haben aber auch ihre Tücken.

So kann der Verstand verschiedene Aspekte und Lösungsmöglichkeiten hin und her überlegen, manchmal über lange Zeiträume hinweg, immer und immer wieder, ohne zu einer Entscheidung zu kommen. Unser Entscheidungscomputer hängt und einige Denkprozesse müssen gestoppt werden, um neue Handlungsimpulse zu laden.

Impulse liefern, das kann unser emotionales Erfahrungsgedächtnis sehr gut, manchmal überflutet es uns mit Handlungsimpulsen und wir sind allzu leicht geneigt, unseren Emotionen zu folgen und impulsiv zu handeln, obwohl wir vorher besser nochmal unseren Verstand hätten befragen sollen, denn Selbstreflexion ist seine Stärke.

Aus der Sicht von Coaching und Veränderung sind jetzt folgende Fragen interessant:

Wie gelingt es bloß, die beiden so unterschiedlichen Systeme unter einen Hut zu bekommen bzw. aufeinander abzustimmen?

Und wie ist es möglich, neue hilfreiche Gewohnheiten zu entwickeln, wenn das emotionale Erfahrungsgedächtnis so zuverlässig, schnell und automatisch arbeitet und bewusste Einflussnahmen nur beschränkt möglich sind?

Der Körper ist die Bühne der Gefühle

Gefühle, Körper und somatische Marker

Die biologische Funktion von Affekten, Gefühlen und Emotionen (Anm.: Die Begriffe werden häufig synonym benutzt) ist, auf unterschiedliche Auslöser eine jeweils passende spezifische Reaktion hervorzurufen und den Körper darauf einzustellen, dass er für das entsprechende Handeln sofort vorbereitet ist. In den Neurowissenschaften werden primäre Affekte oder Emotionen (angeborene emotionale Grundausstattung) und sekundäre Gefühle (Prozesse der Konditionierung) unterschieden.

Im Laufe der Zeit haben wir Menschen evolutionär gelernt, unterschiedlich auf äußere Situationen zu reagieren. Gefühle und Emotionen sind dabei die Grundlage des Lernens. Je intensiver die Gefühle, desto größer die Bedeutung und leichter die Erinnerung an emotional berührende Erlebnisse. Die Bereiche des Gehirns, die mit Verknüpfungen von Erfahrungen, Emotionen und Lernen zu tun haben, werden in ihrer Funktion als emotionales Erfahrungsgedächtnis bezeichnet.

Der amerikanische Neurowissenschaftler Antonio Damasio folgerte aus seinen Forschungen: Die wichtigsten Botschafter der Gefühle sind die Signale des eigenen Körpers. Diese reichen vom Grummeln oder von den Schmetterlingen im Bauch über den Kloß im Hals, das höher schlagende Herz bis hin zu einer ganzen Sinfonie von angespannten und wieder entspannten Muskelfasern des gesamten Körpers.

Körperliche Veränderungen sind so eng mit Emotionen und Stimmungen verknüpft, dass sich der innere Zustand bereits im Körper zeigt, bevor man selbst darüber nachdenken kann.

Wechselwirkungen

Damasio erforschte eingehend die Wechselwirkungen und Kommunikationswege zwischen unserem Gehirn und dem restlichen Körper. Wenn wir ein Gefühl wahrnehmen, senden die Hirnregionen des emotionalen Erfahrungsgedächtnisses nicht nur Informationen und Befehle an andere Hirnbereiche, sondern an fast jeden Ort des Körpers. Die Übertragungswege sind die Blutbahn (chemische Moleküle) und Nervenzellbahnen (elektrochemische Signale).

Das emotionale Erfahrungsgedächtnis veranlasst je nach Herausforderung über Nervenimpulse und Hormonausschüttungen unterschiedliche Körperveränderungen (Atem, Muskelspannung, Durchblutung). Diese „Spiegelung“ der Emotionen im Körper ist wichtig, damit das Gehirn über die körperlichen Veränderungen signalisiert bekommt, was für den Organismus gerade wesentlich ist. Wie bei einem Computer, dessen Berechnungen erst erkennbar werden, wenn das Ergebnis auf dem Bildschirm ausgegeben wird, so dient der Körper als Projektionsfläche für emotionale Prozesse, um Klarheit über die inneren Vorgänge zu schaffen.

Angesichts der engen Vernetzung von Gefühlen, Körperempfindungen und Handlungsauswahl, bezeichnet Damasio den Körper als „Bühne der Gefühle“ und die Veränderungen auf dieser Bühne als somatische Marker.

Für den Menschen äußern sich Gefühle als Körperempfindungen, die in vielen Redewendungen zum Ausdruck kommen, wie zum Beispiel:

  • Vor lauter Freude schlägt das Herz höher.
  • Der Druck bereitet Kopfzerbrechen.
  • Vor Schreck stockt der Atem.
  • Die Angst zieht einem den Boden unter den Füßen weg.

Stop! oder Go!

Die modernen Neurowissenschaften haben bestätigt, dass Gefühle und Körperempfindungen rationale Entscheidungen nicht nur unterstützen, sondern diese erst ermöglichen.

Das Konzept der somatischen Marker besagt, dass aufgrund von Prozessen der Konditionierung praktisch jede Situation unserer Erfahrung mit Gefühlen und den begleitenden Körperzuständen verknüpft wird. An jeder „Erfahrungsakte“ eines Menschen hängt ein Körpersignal, ein somatischer Marker. Die Signale haben ein ganz einfaches Prinzip: Sie kennen nur „Stop“ oder „Go“. Die Erfahrungen werden durch die somatischen Marker daraufhin bewertet, ob sie für den Besitzer dieser Erfahrung angenehm oder unangenehm sind.

Aus Sicht der Hirnforschung reichen die somatischen Marker alleine für die meisten menschlichen Entscheidungsprozesse nicht aus. Zusätzlich zur Vorauswahl möglicher Handlungen durch das emotionale (affektive) Bewertungssystem, finden noch verstandesgesteuerte Analyseprozesse statt, bevor die Signale des emotionalen Erfahrungsgedächtnisses den entscheidenden Impuls zum Handeln geben.

Nach aktuellem Forschungsstand verläuft die Koordination folgendermaßen:

  1. Bedürfnisse und Wünsche sind im emotionalen Erfahrungsgedächtnis gespeichert und können von dort ins Bewusstsein gelangen.
  2. Hier werden dann Analysen und Abwägprozesse vorgenommen. Entschieden wird durch diese Überlegungen jedoch noch nichts.
  3. Entschieden wird mit den „Stop!“- und „Go!“-Signalen des emotionalen Erfahrungsgedächtnisses. Erst wenn aus dem Unbewussten das entscheidende Gefühl auftaucht, entsteht der Impuls zum Handeln.
Die beiden Systeme

Motto-Ziele: Ressourcen aktivieren mit dem Unbewussten

Willensbahnung und positive Gefühle

Wenn die eben beschriebene Koordination zwischen Gefühl und Verstand in Richtung der beabsichtigten Verhaltensänderung zuverlässig funktionieren würde, dann hätten die guten Vorsätze einen besseren Ruf. Doch gerade die Umsetzung der guten Vorsätze scheitert häufig an den negativen somatischen Markern, die dem Dranbleiben an der so vernünftig klingenden Absicht „Mehr Bewegung und Sport treiben im neuen Jahr“ eine Absage erteilen.

Sobald es anstrengend und mühselig wird, bröckelt schnell die Motivation und die Bequemlichkeit siegt. Das Prinzip dahinter ist sehr einfach: Das Unbewusste, sprich das emotionale Erfahrungsgedächtnis, strebt nach dem Angenehmen (Freude) und möchte Unangenehmes (Schmerz) vermeiden. Damit wird eine Vorauswahl des möglichen Verhaltens getroffen, was der effizienten Arbeitsweise des Gehirns entspricht und den Energieverbrauch minimiert.

Es sich sofort auf dem Sofa gemütlich zu machen ist deutlich einfacher als gegen die Unlust anzukämpfen und sich zum Sport treiben aufzuraffen. Selbstdisziplin und Selbstkontrolle sind in diesem Fall die notwendigen Türöffner für mögliche positive Erfahrungen, erfordern jedoch viel Energie, um das gesunde Vorhaben über längere Zeiträume aufrechtzuerhalten und trotz aller süßen Verführungen doch Joggen zu gehen.

In den meisten Fällen gewinnt das gewohnheitsmäßige Verhalten. Das ist die Macht des Unbewussten. Es lebt im Hier und Jetzt und sichert die Befriedigung des gegenwärtigen Bedürfnisses.

Joggen ist vernünftig, Schokolade auch!

Vielleicht kennst du das aus eigener Erfahrung oder aus deinem Bekanntenkreis: Solange wir nicht durch einschneidende Ereignisse, z. B. Krankheit, mehr oder weniger zu Handlungsänderungen gezwungen werden, fallen uns Veränderungen in unserem Verhalten per Stichtag in der Regel sehr schwer. Unsere Gewohnheiten haben uns im Griff.

Und selbst wenn wir mit unserem Verstand längst begriffen haben, dass mit dem Verzehr von zu viel Zucker und Fett schädliche Folgen für die Gesundheit wie z. B. Übergewicht, Diabetes Typ 2 und Herz-Kreislauferkrankungen einhergehen können, hat es die Vernunft nicht leicht.

Logisch, richtig und klug wäre es, die tägliche Tafel Schokolade wegzulassen und stattdessen die „Gute-Vorsatz-Joggingrunde“ endlich in die Tat umzusetzen. Doch wenn die eigene situative Erfahrung mit Schokolade im unbewussten, emotionalen Erfahrungsgedächtnis mit positiven somatischen Markern versehen ist, und die Joggingrunde eben (noch) nicht, dann geschieht der Griff zur Tafel Schokolade wie von Geisterhand.

Das eine ist das bewusste, gesundheitsfördernde Verhaltensziel „Mehr bewegen und gesünder ernähren“, das andere ist das unbewusste Bedürfnis nach kurzfristigem Erleben guter Gefühle, um beispielsweise aus einem als unangenehm empfundenen Zustand herauszukommen. Aus Sicht der Gefühlsregulation durchaus vernünftig.

Bedürfnisschicksale

Wie gelingt es nun, das bewusste Ziel und das unbewusste Bedürfnis so miteinander zu versöhnen, dass die positive Absicht hinter dem gewohnten Verhalten auf gesündere Weise erfüllt wird?

Wie gelingt es, konkurrierende Handlungsimpulse so zu koordinieren, dass selbst gewählte Alternativen ohne Zwang und Überwindung (Selbstkontrolle), sondern mit guten Gefühlen in Handlungen umgesetzt werden (Selbstregulation)?

Die motivationspsychologische Forschung, untermauert mit Erkenntnissen der Neurobiologe, sagt zum Thema Dranbleiben und Ziele erreichen:

Negative Gefühle bringen zum Nachdenken und schaffen Handlungsbereitschaft. Willensbahnung, also die tatsächliche Umsetzung der Absichten, braucht jedoch starke positive Gefühle.

Die guten Vorsätze mögen noch so vernünftig klingen, es fehlt ihnen jedoch an emotionaler Kraft. Sie berühren uns nicht wirklich. So kommt keine positive Affektlage auf, die zur Motivation und Willensbahnung erforderlich ist, um an einer Absicht angesichts von Hindernissen, Rückschlägen und vielfältigen Ablenkungen dranzubleiben.

Gefühle sind Bedürfnisschicksale, sie zeigen an, wie es um die Bedürfnisbefriedigung steht. Wie mache ich jedoch unbewusste Bedürfnisse sichtbar und dem bewussten analytischen Verstand zugänglich?

Wissenschaftlich betrachtet liegt der Grund für das häufige Scheitern der guten Vorsätze in der mangelnden Synchronisierung von bewusster Verstandesbewertung und der Bewertung des Unbewussten.

Wie kann die Synchronisierung der beiden Systeme systematisch unterstützt werden?

Ressourcenaktivierende Bilder

Das Unbewusste durch Bilder be-greifbar machen

Leitfrage: Wie schaffe ich es, innere Hemmschwellen zu überwinden und meine Absicht Schritt für Schritt zu verwirklichen?

Der Schlüssel zur Antwort auf die Leitfrage findet sich in unserer Erfahrungsbibliothek, dem körperlich-emotionalen Erfahrungsgedächtnis. Die weitgehend unbewussten Gedächtnisinhalte, die sich auf die eigene Person mit allen Bedürfnissen, Ängsten, Vorlieben, Werten, Fähigkeiten und bedeutsamen (positiven und negativen) Erfahrungen beziehen, werden in psychologischen Konzepten als Selbst bezeichnet. Dieses assoziative Netzwerk unserer mit Gefühlen verknüpften Erfahrungen ist eng mit unserem Körper verbunden.

Aus der Psychologie ist bekannt, dass unbewusste Anteile unserer Persönlichkeit über Projektionsvorgänge erfahrbar werden. Und genau dafür eignen sich Bilder hervorragend. In Workshops und Coachings nutze ich dafür gerne die Bildkartei des Zürcher Ressourcen Modells. Die dort enthaltenen Bilder sind in der Motivauswahl ausgewogen und fein abgestimmt auf die Erzeugung starker positiver Gefühle. Darauf basiert die Auswahl eines Bildes, indem das Signalsystem zwischen Körper und Geist (somatische Marker) genutzt wird. Die somatischen Marker als Körperempfindungen und/oder Emotionen wahrzunehmen und auszudrücken ist der erste Schritt, um unbewusste Bedürfnisse für den Verstand greifbar und verständlich zu machen.

An jedem Wort hängt ein Bild, hängt ein Gefühl.

Und damit sind durchaus einige Schwierigkeiten verbunden, denn Bedürfnisse werden häufig wirksam, ohne uns bewusst zu werden. Bedürfnisse werden nicht gedacht, sondern gefühlt. Wenn wir also wissen wollen, was in uns abläuft und was hilfreich für uns ist, brauchen wir im Grunde nur auf unseren Körper zu achten. Klingt simpel, ist aber nicht so einfach. Jedenfalls nicht, solange wir äußeren Dingen überwiegende Beachtung widmen und unsere Innenwelt vernachlässigen.

Selbstregulierende Willenskraft

Selbstkontrolle vs. Selbstregulation

Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem modernen Menschen und Tieren liegt darin, dass wir gelernt haben, den Ausdruck unserer Emotionen zu minimieren und die zugehörigen Handlungsimpulse zu unterdrücken. Menschen, die „kopflastig“ unterwegs sind und sich in einer negativen Affektlage befinden, haben es schwer, ihre Bedürfnisse in Form körperlicher Signale wahrzunehmen. Die Signale wirken dennoch, auch ohne Kenntnisnahme des Bewusstseins.

Dann ist oftmals Willenskraft durch Selbstkontrolle erforderlich, um die Unlust zu überwinden und trotz widersprüchlicher Handlungsimpulse die Pflichtaufgabe zu erfüllen. Das ist eiserne Disziplin, also Dominanz des Verstandes über oder gegen die eigenen Gefühle und Bedürfnisse. Kurzfristig machbar, manchmal notwendig, doch langfristig ein Zustand im Dauerstress mit all seinen negativen Folgen für die Gesundheit (z. B. Burnout, Depression).

Für die lustvollere Form der selbstregulierenden Willenskraft, die auf dem aktiven Umgang mit Gefühlen basiert, ist es erforderlich, das unbewusste Bewertungssystem mit ins Boot zu holen.

Im Unbewussten liegen die Quellen für Motivkonflikte: Wenn trotz fester Absicht und bester Planung die Umsetzung nicht gelingen will, hat das höchstwahrscheinlich damit zu tun, dass unbewusste Bedürfnisse dazwischenfunken und das Unbewusste die Absicht nicht unterstützt, aus was für Gründen auch immer.

In diesen Fällen ist es hilfreich, auf eine übergeordnete Zielebene zu wechseln, die Ebene der inneren Haltung. Dieser Zieltyp wird als allgemeine Ziele oder Motto-Ziele bezeichnet. Sie sind auf das Hier und Jetzt fokussiert wie ein Freikletterer an der Felswand. Wer so etwas tut, hat eine starke Absicht und handelt voller Entschlossenheit auf der Grundlage einer kraftvollen inneren Haltung.

Die Kraft der inneren Haltung

„Stimmst du mit dem Weg überein, durchströmt dich seine Kraft.“

Lao-Tse

Götterspeise für die Seele

Ressourcen

Im Mittelpunkt meines Wirkens als Coach steht der Ressourcenbegriff. Was ist mit Ressourcen in diesem Zusammenhang überhaupt gemeint? Und was hat das mit Motto-Zielen zu tun?

Grundsätzlich wirken Ressourcen individuell. Das erlebe ich im Coaching immer wieder. Alles, was von einer Person in einer bestimmten Situation als hilfreich erlebt wird, ist für diese Person eine Ressource. Andere Personen mögen in der gleichen oder einer ähnlichen Situation vielleicht ganz andere Erfahrungen machen. Die Unterschiedlichkeit drückt sich sowohl im inneren Erleben als auch im äußeren Verhalten aus.

Coaching ressourcenorientiert geht nach innen und gleicht einer Schatzsuche in den Weiten des emotionalen Erfahrungsgedächtnisses. In diesem Sinne sind Ressourcen ganz „limbisch-pragmatisch“ individuelle Kraftquellen, die körperlich und seelisch guttun. Sie erzeugen einfach gute Gefühle. Aus neurobiologischer Sicht sind Ressourcen aktivierte neuronale Netzwerke, die angemessenes und zielrealisierendes Handeln ermöglichen.

Praktisch bedeutet das, alte ungeeignete Verhaltensmuster zu verlernen und neue nützliche Verhaltensweisen zu lernen durch wiederholte Aktivierung neuer neuronaler Netze. Das braucht Zeit. Ein relativ neuer Ansatz im Coaching, der sich mit dieser Thematik auf kreative Weise befasst, ist die Arbeit mit Motto-Zielen. Das sind individualisierte Metaphern, persönliche Leitsätze, Lebenseinstellungen und innere Haltungen, die in einem bestimmten Kontext ihre Wirkung entfalten.

Stimmige Motto-Ziele

Motto-Ziele werden in einem strukturierten Prozess mit eigens dafür entwickelten Werkzeugen gebildet. Bei der Entwicklung eines Motto-Ziels gehen Struktur und Kreativität genauso Hand in Hand wie das entstehende Motto-Ziel auf dem Zusammenspiel von Unbewusstem und Verstand basiert.

Stimmige Motto-Ziele sind hochgradig individuell und lösen nur in der jeweiligen Person ganz spezifische emotionale Zustände aus. Sie sind ein Leitstern und Götterspeise für die Seele. Im Alltag sind das persönliche Kraftquellen, deren motivierende Kraft erheblich größer ist als die klassischer Zielformulierungen.

Die kreative Arbeit mit ressourcenaktivierenden Bildern bindet das Unbewusste und den Körper mit ein oder anders gesagt, die Entwicklung eines Motto-Ziels schafft Zugang zum Selbst. In diesen ungewissen Zeiten ist der Selbst-Zugang besonders wichtig, denn er ist mit der Selbstkompetenz verknüpft, kreativ zu bleiben und sich weder lähmen noch über Gebühr stressen zu lassen.

Motto-Ziele sorgen bei entsprechend häufiger Aktivierung im Alltag und zunehmender Verinnerlichung sogar unbewusst für einen emotionalen Zustand, der es ermöglicht, in bestimmten Situationen angemessen und stimmig zu handeln.

Du bleibst in deinen Handlungen flexibel und kannst auch in Krisenzeiten deine Kreativität und Gelassenheit bewahren. Nicht nur aus diesem Grunde sind Motto-Ziele regelmäßiger Bestandteil meiner Coaching-Praxis.

Ein kraftvolles Motto-Ziel als innere Haltung überwindet innere Hemmschwellen durch bedingungslose Entschlossenheit und fördert zielrealisierende Handlungen sowie das Dranbleiben am Zielprozess.

Mit anderen Worten: Herz, Hirn und Hand betreiben Teamwork, stimmig zur Gesamtpersönlichkeit.

Den Entwicklungsprozess eines Motto-Ziels werde ich anhand eines eigenen Beispiels in kommenden Blog-Beiträgen ausführlich behandeln.

Ressourcen und Gestalter-Haltung

Ressourcen und Gesundheit

Gesunde Selbstführung

Der Untertitel auf meiner Startseite lautet „Ressourcen für deine gesunde Selbstführung“. Damit verbinde ich einerseits den Stellenwert einer übergeordneten Gestalter-Haltung für den eigenen Lebensweg. Für mich gibt es keine größere Gestaltungskraft als eine innere Haltung, aus der heraus ich selbst die Füllstände meiner psychischen Grundbedürfnisse beeinflussen kann:

  • Mein Erleben von Selbstbestimmung in täglichen Handlungen, die Ausdruck meiner Werte und Bedürfnisse sind.
  • Mein Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten durch Entschlossenheit und Umsetzungskraft selbst nähren und bewusst erleben.
  • Meinen Eigenkontakt achtsam spüren, bewusst reflektieren und mich öffnen für ermutigende soziale Beziehungen.

Wie steht es mit deinen Füllständen, der Erfüllung deiner psychischen Grundbedürfnisse?

Andererseits verbinde ich mit gesunder Selbstführung auch die Würdigung aller Lebenserfahrungen und die Hinwendung zu der prachtvollen Vielfalt der eigenen Persönlichkeit. Ressourcen wirken nicht nur in Zeiten, in denen wir uns auf der Sonnenseite des Lebens wähnten.

Gerade auch in den tieferen Schichten und schattigeren Plätzen unseres unbewussten emotionalen Erfahrungsgedächtnisses finden sich gut versteckte Ressourcen-Schätze. Und nicht selten äußern sie sich in einem seltsamen oder gar destruktiven Verhalten, um erhört, gesehen und gefühlt zu werden.

Ressourcen sind hilfreich! Ist alles Hilfreiche eine Ressource?

Wir brauchen Ressourcen für die Bewältigung herausfordernder Situationen und für den gesunden Umgang mit Stress. Denn Dauerstress gehört für viele Menschen zum Alltag und ist die Hauptquelle für gesundheitliche Probleme. Deshalb sind Ressourcen, genauer die Aktivierung individueller Ressourcen, so wertvoll für unser Wohlbefinden und unsere körperliche und seelische Gesundheit.

Die gesundheitliche Wirkung von Ressourcen ist ein wichtiges Kriterium. Ein „Gläschen“ Alkohol am Abend mag nach einem stressigen Arbeitstag zum „Runterfahren“ beitragen, leistet aber keinen Beitrag für die Erhaltung oder Förderung der Gesundheit und ist daher im engeren Sinne keine Ressource.

Ein täglicher Spaziergang oder andere Formen der Bewegung, z. B. Yoga, sind für die Gesundheit hilfreicher. Die Entscheidungsfreude und gesundheitsfördernde Haltung, die dazu führt, dies auch zu tun, kommt von innen heraus.

Manchmal ist der vielzitierte innere Schweinehund gar nicht unser „Verhinderer“, sondern eine wertvolle Ressource dergestalt, einfach mal auf dem Sofa zu entspannen, auch wenn die Sonne scheint. Hast du dann ein „schlechtes Gewissen“ oder gönnst du dir solche Momente der Ruhe? Ist es ein Akt des Genießens oder ein Fall von „Aufschieberitis“?

Das ist eine Frage der unbewussten und bewussten Bewertung. Innerer Konflikt oder ein Gefühl der Stimmigkeit?

Was eine Person in einer bestimmten Situation wirklich als Ressource erlebt, hängt von ihrer individuellen Bewertung ab.

Die Aktivierung und das bewusste Erleben eigener Ressourcen im Alltag stärkt die körperliche und seelische Gesundheit.

Was sind deine Erfahrungen? Schreibe sie gerne unten in das Kommentarfeld.

Aus- und Einstiegsmethoden

Stufen der Selbstregulation

Selbstkompetenz, womit ich hier die Fähigkeit zur Regulation eigener Gefühle meine, bedarf eines zuverlässigen Zugangs zum psychischen Selbst als Teil des körperlich-emotionalen Erfahrungsgedächtnisses. Das sind die Hirnstrukturen des limbischen Systems, die an der Entstehung und Verarbeitung von Gefühlen beteiligt sind. Die Gedächtnisinhalte sind weitgehend ohne Kenntnisnahme des Bewusstseins organisiert und über somatische Marker „multi-codiert“ gespeichert.

Das bedeutet, die Erfahrung und das zugehörige Gefühl können über unterschiedliche Sinnesreize, entsprechend der ursprünglichen situativen Wahrnehmung, wieder bewusst werden. Du hörst einen Song, der auch damals bei deinem ersten Kuss spielte, und wie auf Knopfdruck werden all deine Empfindungen in der damaligen Situation (nahezu wie im Original) wieder präsent.

Die Sprache des Unbewussten mittels der somatischen Marker bewirkt, dass je nach Reiz sowohl angenehme als auch unangenehme Erlebnisse wieder zum Leben erweckt werden können.

Wie kann dieser Zugang trainiert und gestärkt werden, damit das Selbst in Situationen anspringt, in denen die Selbstregulation von Gefühlen besonders gebraucht wird?

Regulationstypen

Die Psychologen Maja Storch und Julius Kuhl unterscheiden verschiedene Regulationstypen, die sie nach dem Schwierigkeitsgrad in Stufen anordnen. Alle Stufen sind hilfreich, da sie der Situation angemessen eingesetzt werden können. Daher empfiehlt es sich, eine gute Mischung an Regulationstypen parat zu haben.

Die ersten 3 Stufen bezeichnen sie als Ausstiegsmethoden. Dabei handelt es sich um einfache Mechanismen, die in Stress-Situationen schnell greifen, d.h. einen raschen Ausstieg aus einem unerwünschten Gefühlszustand ermöglichen und somit kurzfristig Entlastung und Zeit zum Durchatmen verschaffen.

Dazu gehören einfache, gewohnheitsmäßige Tätigkeiten wie Routinearbeiten, im Internet surfen, Ablenkung durch Fernsehen oder Computerspiele. Aktivierende Maßnahmen, d.h. unterschiedliche Formen von Bewegung, z. B. Spazierengehen, Sport oder auch Staubsaugen, nutzen direkt die körperliche Beanspruchung zur Gefühlsregulation.

Um unmittelbar den entgegengesetzten Affekt zu erzeugen, sind kurzfristig beglückende Maßnahmen beliebt, z. B. Online-Shopping, die 500g-Packung Eis oder auch die bereits erwähnte Tafel Schokolade. Wenn es allerdings das tägliche Quantum Alkohol sein muss, um wieder runterzukommen, kann sich eine langfristig destruktive Gewohnheit entwickeln.

Die Stufen 4 bis 6 werden als Einstiegsmethoden bezeichnet. Sie zielen darauf ab, in einen gewünschten Gefühlszustand einzusteigen. Beispiele sind ermutigende, ressourcenaktivierende Bilder, allgemeine Ziele als Ausdruck einer inneren Haltung, das sind die Motto-Ziele, und auf der höchsten Stufe erfolgt die Integration in das Selbst durch Beziehungserfahrungen in der Kommunikation mit einem verstehenden Gegenüber (real oder vorgestellt) bzw. einem anderen Selbst.

Die Stufen 1 bis 3 greifen zwar schnell, aber langfristig zu kurz für eine ausgewogene Selbstentwicklung und Selbstkompetenz. Es ist mehr eine Symptombekämpfung, die immerhin Entlastung bringt. Wirksame Bewältigungsstrategien reifen erst auf den Stufen 4 bis 6.

Neurobiologisch betrachtet erfolgt die Selbstregulation auf den höheren Stufen durch Zugriff auf weitverzweigte assoziative Netzwerke. Um auf diese nützlichen neuronalen Netzwerke zur Aktivierung innerer Ressourcen zuverlässig zugreifen zu können, benötigt es Zeit und Training.

Das ist pures Erfahrungslernen!

Zusammenfassung

Es geschieht immer wieder, dass Absichten trotz smarter Planung in der Umsetzung scheitern. Neurobiologisch betrachtet liegt ein innerer Konflikt vor: Der bewusste Verstand sagt ja, doch das Unbewusste unterstützt die Absicht nicht. Dann schlägt die Stunde der Motto-Ziele.

Motto-Ziele sind anders. Statt konkreter Ergebnis- und Verhaltensorientierung liegt der Fokus auf der übergeordneten inneren Haltung, aus der heraus ressourcen-aktivierendes, situativ angepasstes Verhalten möglich wird. Motto-Ziele schaffen Flexibilität.

Während konkrete Verhaltensziele eine Spezialität des logisch planenden Verstandes sind, sprechen Motto-Ziele die Sprache des Unbewussten. Ihre individuelle, bildhafte Formulierung aktiviert den Zugriff auf weitverzweigte assoziative Netzwerke des emotionalen Erfahrungsgedächtnisses. Das ist der Schlüssel, um innere Konflikte in ein Gefühl der Stimmigkeit zu wandeln. Oder anders formuliert: Motto-Ziele vermögen unbewusste Bedürfnisse und bewusste Absichten in Einklang zu bringen.

Jedes Motto-Ziel ist ein Unikat, das nur für die jeweilige „Motto-Ziel-Eigentümerin“ verständlich ist. Mit dieser emotionalen Berührung geht eine selbstregulierende Willenskraft einher, die auch bei auftretenden Schwierigkeiten und Rückschlägen die Umsetzung der Absicht schützt.

Die Entwicklung eines stimmigen Motto-Ziels ist nicht zu unterschätzen. Es ist Übung und Training erforderlich, damit aus einem „zarten neuronalen Pflänzchen“ ein ausgewachsener „Motto-Ziel-Baum“ wird, der die Nährstoffe für zielrealisierende Handlungskraft liefert.

Der Aufwand lohnt sich! 

Was hat dich berührt?

Gratulation, du hast es bis hierher geschafft!

Welche Aspekte dieses Grundlagenbeitrags haben dich womöglich berührt und deinen Blick für die Dinge im Alltag erweitert?

Falls du neugierig geworden bist, ein eigenes Motto-Ziel zu entwickeln, oder Fragen zu diesem relativ neuen Zieltyp hast, freue ich mich über deinen Kommentar oder schreibe mir per E-Mail.

Abschließend möchte ich dir ein paar Quellen für den „Selbstversuch“ an die Hand geben.

 

Herzlichst,

Sven Lehmkuhl

Quellen für den Selbstversuch

Schritt für Schritt zum eigenen Motto-Ziel mit dem ZRM® Online-Tool:
>> zur Website ZRM Online-Tool deutsch

 

Literatur

Maja Storch: Das Geheimnis kluger Entscheidungen. Von Bauchgefühl und Körpersignalen.

Maja Storch, Julius Kuhl: Die Kraft aus dem Selbst. Sieben PsychoGyms für das Unbewusste.

Maja Storch, Frank Krause: Selbstmanagement – ressourcenorientiert. Grundlagen und Trainingsmanual für die Arbeit mit dem Zürcher Ressourcen Modell (ZRM®).

Bildnachweise

Titelbild: Bild von Wokandapix auf Pixabay

Hintergrund-Grafik (Beispiele MottoZiele): Bild von Please Don’t sell My Artwork AS IS auf Pixabay

Infografik Gute-Vorsätze 2019: https://de.statista.com/infografik/16460/gute-vorsaetze/